März 16, 2015

Europa vermitteln heute: einfach. neu. anders!?


Europa vermitteln heute: einfach. neu. anders!?

Politische Bildung richtet seit einiger Zeit den Blick auf neue Ansätze in Hinsicht auf aktuelle Problemlagen. In einem europäischen Raum, wo die Länder sich sehr eng verknüpft haben und versuchen ihre Politik gemeinsam zu gestalten, sind wir alle Europäer. Denn Europa wird immer mehr als eine Idee, es wird zu einem funktionierenden Organismus, einer bestimmten Wertegemeinschaft. Wie können wir aber als Akteure von Jugendarbeit in Deutschland, Europa bestmöglich angesichts der aktuellen Herausforderungen vermitteln?
Das war die Leitfrage bei dem Fachforum Europa in Dresden am 9. bis 10. März. An dem Forum nahmen Fachkräfte der europabezogenen Jugendbildung aus formaler und nicht formaler Bildung, aus Politik, Forschung und Medienbereich teil.
Das Forum bot eine Plattform für verschiedene Fragen und Workshops. Wir hatten die Möglichkeit zum persönlichen Kennenlernen von anderen Organisationen. Die Veranstaltung schaffte viel Raum zur Vorstellung erfolgreicher nationaler und europaweiter Projekte, sowie neuer Methoden und innovativer Bildungsangebote.
Das Fachforum Europa wurde vom Direktor des Hygienemuseums Prof. Klaus Vogel eröffnet. Er begrüßte alle Gäste und merkte an, dass europäische Werte der Gesellschaft bewusst werden sollen und Xenophobie und Ausgrenzung auf keinem Fall zu Dresden gehören!
Nach seiner Begrüßungsrede hielt Prof. Dr. Oberle von der Universität Göttingen einen Vortrag zum Thema „Didaktische Perspektiven einer europabezogenen Bildung“. Es ging um einen Mangel an  Europabildung in der Schule. Die europäische Ebene sei in der Schule wenig präsent – behauptete Prof. Dr. Oberle. Die Jugendlichen sollen  europabezogene, politische Kompetenzen entwickeln, um in einer europäischen Gesellschaft teilzuhaben. Ebenso fehle meistens in der Jugendarbeit  der Begriff europäische Identität und europäisches Bewusstsein. Die Träger der Jugendarbeit sollen bei den Jugendlichen Emotionen für Europa zu wecken. Außerdem braucht man mehr Handlungsorientierung in der Jugendarbeit. Als empfehlenswerte Methode wurden Planpolitik (Planspiele) und Service Learning vorgeschlagen, sofern diese gewissen Maßstäben gerecht werden Durch die Planspiele können die Jugendlichen nicht nur ein „objektives“ europäisches Wissen erlernen, sondern auch ein „subjektives“ Wissen von der EU (ich kann mitreden, ich kann überzeugen) entwickeln. Das könnte ein fließender Übergang zur Partizipation und europäischem Bewusstsein sein.

Nach dem leckeres Mittagessen, das in der Sonne vor dem Hygienemuseum eingenommen werden konnte, waren wir wieder bereit für die Workshops.
Bijou und ich haben als ersten Workshop „Europa in der Schule“ ausgewählt. Die TN betonten verschiedene Probleme bei der Europa-Arbeit in der Schule, z. B. fehlende Fachkräfte in der Schule, die die Schüler für Europa begeistern können. An dem Workshop hat mich der Erfahrungsbericht von Frau Ricarda Geidelt, Grundschullehrerin an der Lessingschule in Leipzig, besonders begeistert. Sie erzählte über den langen und schwierigen Weg der Lessingschule zur Europaschule. Sie erklärte den Teilnehmern, welche Projekte die Schule organisiert hat und wie ihre Schüler an europäischen Projekten und Wettbewerben teilnehmen, z. B Schüleraustausche, Europa-AG, Skype-Konferenzen mit schwedischen Schülern. Ganz tolle Projekte! Frau Geidelt stellte fest: wir müssten am besten schon im Kindergarten mit Europabildung anfangen, weil gerade die Kinder noch keine Grenzen im Kopf haben.
Nachmittags bin ich zum 2. Workshop gegangen „Kritisch, aber pro Europa – eine Ideenwerkstatt für Jugendbildung und Jugendarbeit“. Stephan Schwieren vom Haus am Maiberg hat den Workshop moderiert. Ob europäische Jugendprojekte nicht oft zu unkritisch seien – fragte er uns - wo stehen wir und wo wollen wir hin? Seine Veranstaltung hat er mit solchen Fragen begonnen. Die Vertreter von den Organisationen waren sich fast einig, dass wir uns mit Europa immer kritisch auseinandersetzen müssen. Europa zu erklären sei ziemlich schwierig, deswegen wurde uns vorgeschlagen in kleinen Gruppen Europa zu malen! Welche Kunstwerke – Europabilder- haben wir geschafft, könnt ihr gleich hier sehen;))


Ganz bemerkenswert war, dass die TN Europa heute nicht nur als EU definieren, sondern auch noch Länder wie Belarus, Ukraine, Russland, Armenien, Türkei usw. einschließen. Symbolisch haben fast alle die Friedenssicherung als selbstverständliche Grundidee Europas ausgewählt. Andere positive Aspekte wie Freizügigkeit, Mobilität, kulturelle Vielfalt waren ebenso
mit Europa assoziiert. Trotzdem waren die Europabilder mit einigen Hoffnungen und Zukunftsfragen bemalt: wie können wir z. B eine gemeinsame Vorstellung von Europa haben? Oder: wie kann man die europäische Werte in allen Länder akzeptieren und vorantreiben? Wie erreichen wir Wohlstand für alle Europäer? Gibt’s es Sicherheitsgefahren für Europa und die EU heute? Solche Fragen haben wir auch diskutiert und uns weiter mit den Zielen, Inhalten und Methoden der Europa-Jugendpolitik beschäftigt. Um Interesse an Europa zu schaffen, brauche es verstärkt Perspektivenwechsel und Anknüpfungspunkte für Jugendliche aus dem Alltag, aber auch mehr Europabewusstsein, Neugier und Emotionalität. Die reflektierte Auseinandersetzung sei dabei eines der wichtigsten Ziele, einigte sich die Gruppe.

 Zweiter Tag

 Am zweiten Tag wurden uns verschiedene europäische Projekte, Programme und Initiativen kurz präsentiert. Wir, Tobias, Bijou und Alex haben uns nach verschiedenen Themen verteilt, um uns so viel wie möglich anzuhören. Ganz interessant fand ich die Organisation European Alternatives, die ihre Projekte in mehreren Ländern Europas durchführt und Demokratieförderung mit verschiedenen Aktionen unterstützt, z. B. „Transeuropa Caravans“. 
Bijou hat an dem Workshop „Young workers for europe“ des Xenos-Projekts teilgenommen. Das Projekt richtete sich an junge Menschen in NRW, die sich in berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen und außerbetrieblichen Ausbildungen befinden. Ziel war handwerkliche Qualifikation und soziales Lernen mit Auslandserfahrung zu verbinden und für die Teilnehmenden die Vermittlung wertvoller Qualifikationen für die berufliche Entwicklung. Ein konkretes Ergebnisbeispiel  dieses Projektes war  ein Kurzfilm über junge Azubis aus NRW, die zwei Wochen lang an einer Renovierungsarbeit einer von Deutschland gebauten jüdischen Gedenkstätte in einem kleinen Dorf in Griechenland teilgenommen haben. Eine andere Gruppe hat auch mit ihrem Engagement (der Bau einer Müllabfuhr) in einem Dorf in Rumänien gezeigt, wie gut es ist an andere Menschen zu denken und ihnen etwas Gutes zu tun. Am Ende des Workshops gab es die Möglichkeit eine DVD über verschiede Aktionen des „Young Workers for Europe“ zu bekommen. Danach ging es weiter zum nächsten Workshop. Tobias und Bijou gingen noch zu dem Publixphere-Workshop. Dort wurde erklärt wie junge Leute oder noch ältere über ein europabezogenes Thema auf der Plattform diskutieren können. Das Ziel dieses Projektes ist eine Diskussion über die aktuellen Themen und Problemen zu eröffnen, damit jeder seine eigene Meinung dazu bringt. Und jede 3. Woche nach der Eröffnung der Diskussion wird eine Zusammenfassung auf der Seite gepostet. Und dann geht’s weiter mit dem nächsten Thema.
Wie kann man sich mit Europa beschäftigen, um Populismus zu vermeiden? Mit dieser Frage setzen wir uns bei der Podiumsdiskussion mit Fachleuten aus Wien, Tschechien und Deutschland auseinander. Was tun gegen Populismus? – 4 Experten versuchten eine Antwort auf die Frage zu finden. Lida Rakušanová, die Vertreterin von Radio Free Europe erzählte über populistische Bewegungen und Parteien in Tschechien. Sie hatte die Einstellung, obwohl Jugendliche in Tschechien und Deutschland ihre eigene, andere Wahrnehmung von Europa hätten, seien sie trotzdem pro Europa und bereit sich an der EU-Prozessen zu beteiligen. Prof. Dr. Eckart D. Stratenschulte aus der Europäische Akademie Berlin behauptete dass wir uns zurück auf die Grundideen von Europa besinnen müssen, die Komplexität reduzieren, um so Europa verständlich zu machen. Nur mit
kritischer Auseinandersetzung mit Europa können wir uns gegen Populismus verteidigen. Dazu sei es wichtig genau konstruktive Kritik zu äußern, und nicht fundamentale, die gegen Europa als Ganzes orientiert sei. Die populistischen Bewegungen, wie z. B. die PEGIDA – Bewegung, setzen immer auf Stereotype und Vorurteile, die Aufgabe von Jugendorganisationen dabei sei es diese Stereotype abzubauen und ein rationales Wissen zu vermitteln. Frau Diendorfer, die aus Österreich kam, hat die Meinung vertreten, dass wir in den Jugendlichen ein Gefühl von „global citizen“ entwickeln sollen. Das hieße, wer sich als global citizen verstehe, der habe keine Probleme mit Zugehörigkeitsgefühl und die populistische sozial Bewegungen können damit vermeidet werden.
„Europa darf Spaß machen!“ so beendete Tobias Heinemann die Diskussion, ein sehr schöner Ausdruck aus meiner Sicht.  Wie können wir bei den Jugendlichen Interesse an Europa wecken, wie kann das Gefühl nach europäischer Zusammengehörigkeit wachsen? Ich glaube dieses Forum hat verschiedene Antworten auf diese Fragen gegeben. Um ein einheitliches Europa zu entwickeln, das nach innen und außen handlungsfähig ist, müssen wir, die Träger der Jugendpolitik, uns europaweit konsolidieren, um den Europagedanken weiter zu verbreiten.

 Liebe Grüße, 

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